Ein Interview mit dem Autonomie-Magazin zum Sammelband „Where have all the Rebels gone?“
Hallo Christopher, du bringst am 1. März das Buch „Where have all the rebels gone?- Perspektiven auf Klassenkampf und Gegenmacht“ heraus. Kurz zusammengefasst: Worum gehts?
Darum, dass der Kapitalismus nicht das Ende der Geschichte sein muss, wenn sich seine Feinde zusammentun, sich überlegen, wie eine bessere Welt aussehen könnte und dafür Strategien entwickeln. Dabei muss man nicht bei Null anfangen. Ein paar Hinweise hierzu liefert hoffentlich das Buch.
Wie ist die Idee, einen solchen Sammelband an verschiedenen Perspektiven der internationalen Linken zu machen, entstanden? Was hat dich drauf gebracht?
Grundlage waren mehrere Gespräche mit zahlreichen Aktivist*innen – einem älteren Genossen aus der autonomen Bewegung, Menschen in Mietkämpfen, Feministinnen. Allen war neben ihrem Unbehagen an den gesellschaftlichen Verhältnissen gemeinsam, dass sie sehr tief in ihren Teilbereichskämpfen steckten, gleichzeitig aber auch eine Sehnsucht nach Austausch und Diskussion mit anderen hatten. So entstand die Idee, das Buch als Gesprächsangebot und als Plattform für verschiedene Perspektiven zu entwickeln
Nach
welchen Kriterien hast du die Beiträge im Buch zusammengestellt?
Es
sind Beiträge aus verschiedenen revolutionären Bewegungen,
geschrieben von den Aktivist*innen selbst. Ziel war es, eigene Punkte
zu setzen und nicht, sich an herrschenden Diskursen abzuarbeiten.
Zu Beginn des Buches wird kurz die aktuelle Situation weltweit thematisiert. Soll die Darstellung der verschiedenen linken Bewegungen aus der Vergangenheit und der Gegenwart der aktuell fühlbaren Aussichtslosigkeit entgegenwirken?
Das Buch ist Erinnerung und Ansporn zugleich. Erinnerung daran, dass es immer Menschen gab, die sich den Verhältnissen entgegengesetzt haben und Ansporn, das weiterhin zu tun – und aus der Aussichtslosigkeit herauszukommen. Ernst Bloch meinte einmal: »Man muss ins Gelingen verliebt sein, nicht ins Scheitern.
Was können wir aus den dargestellten historischen Erfahrungen für heute noch nutzen? Wir befinden uns ja bspw. nicht mehr in den 70er Jahren….
Wer keinen Begriff von Geschichte hat, wird in Diskussionen und Praktiken stets in den Wiederholungen alter Fehler und Debatten gefangen bleiben.
Für wen wurde das Buch gemacht? Und was bringt es einem, es zu lesen?
Seltsame Frage. Aber wohl für all jene, die noch nicht völlig der »boring Dystopia«, über die der Schriftsteller Mark Fisher mal geschrieben hat, erlegen sind. Wenn das Buch dabei hilft, dass Menschen den Weg des kollektiven Widerstands wählen und in Selbstorganisierung die herrschende Ordnung radikal herausfordern, hat es seinen Zweck erfüllt.
Jetzt wurde in den letzten Jahren innerhalb der deutschen Linken ja wieder vermehrt über Klassenpolitik gesprochen. Dabei wurde viel richtiges sozusagen „wiederentdeckt“. Was fehlt, ist eine entsprechende Praxis linker Gruppen in der BRD. Wie kommt man dahin?
Die Klassen waren ja nie verschwunden. Dass sie nun im akademischen Bereich wieder verstärkt Beachtung erfahren, kann nicht schaden. Man darf sich aber nicht auf einer wissenschaftlichen Betrachtung ausruhen. Widerständige Praktiken gab und gibt es ja, was fehlt ist eine Vermassung. Wie wir mehr werden? Ich weiß es nicht, aber strategisch vielleicht ganz ähnlich wie die Arbeiterbewegung es getan hat: Rechte werden formuliert, deren Allgemeingültigkeit wird behauptet, es wird sich ausgetauscht und schließlich wird für die Durchsetzung dieser Behauptung gekämpft.
Du schreibst selbst von Vielfachkrisen, wir alle können sie wahrnehmen. Das Buch bietet auch einen Einblick in diverse widerständige Bewegungen aus Ländern in denen diese Krisen überdeutlich eingeschlagen sind. Hat der Internationalismus für Sozialrevolutionäre heute noch eine besondere Bedeutung?
Wenn nicht, sähe es ganz schön trübe aus.