„Zum Ende seines spannenden Buches stellt Wimmer einige Ansätze vor allem aus der Zeit nach 1960 vor, das Lumpenproletariat neu zu theoretisieren: die Randgruppenstrategie der neuen Linken, den Operaismus mit seiner Debatte um den Massenarbeiter, aber auch die Debatte um Kolonialismus und die rassistische Segmentierung von Gesellschaften (Frantz Fanon, Black Panther in den USA).“
(Bernd Hüttner in «Contraste», Februar 2022)
„Die vorliegende Studie ist keineswegs bloß die Aufarbeitung einer Begriffs- und Tatsachengeschichte, sondern zugleich die ideologische Auseinandersetzung mit einem aktuellen Problem.“
(Ulrich Busch in «Z. Zeitschrift marxistische Erneuerung», Nr. 128)
„Das grundlegende Vorhaben seines Buches «einen Bezug zwischen der Bezeichnung ‹Lumpenproletariat› und der Realgeschichte herzustellen, ist Wimmer gelungen. Es zeigt nicht nur die gesellschaftlichen Ressentiments gegenüber den Armen auf, sondern führt auch eindringlich deren Widerstandsgeschichte vor. Ein Vorhaben, das Schule machen sollte, denn in der aktuellen Debatte über «neue Klassenpolitik» spielen die armen Bevölkerungsteile oft eine zu geringe Rolle.“
(Harald Rein in «arbeit ─ bewegung ─ geschichte», 2/23)
„Wimmers Buch ist eine eindrückliche Warnung vor (a)sozialem Dünkel gerade innerhalb der Linken.“
(Malte Meyer in «analyse und kritik», 19.10.2021)
Hintergrundinformationen
- Was ist das Lumpenproletariat? Podcacst 99zuEins
- Zeitungsbeitrag: „Verkommen oder revolutionär?“ in: Oxi-Blog.
Klappentext
Heute sind es meist die Armen und Ausgegrenzten, die sowohl in neuen, reaktionären Bewegungen ihr Heil suchen als auch in progressiver Art aufbegehren – von Montagsdemos bis hin zu Gelbwesten-Aufmärschen.
Karl Marx und Friedrich Engels prägten für sie den Begriff «Lumpenproletariat». Er bot ihnen die Möglichkeit, ihre Prognosen aus den Revolutionsjahren 1848/49 zu revidieren. Sie propagierten jetzt, schuld an der Niederlage der Revolutionen seien neben der eigenen Schwäche des Proletariats auch «sozial degradierte, von den Herrschenden korrumpierbare und daher im Klassenkampf passive oder ambivalent agierende Teile der sozialen Unterschichten» gewesen: das Lumpenproletariat eben.
Findet sich das revolutionäre Subjekt also im Industrieproletariat oder bei den «Verdammten dieser Erde»? Während die Sozialdemokratie ihre Hoffnungen in die gut organisierte Arbeiter*innenklasse setzte, weiteten Revolutionäre, denen der Rückgriff auf eine solch relativ homogene Klasse fehlte, ihr Verständnis des revolutionären Subjekts aus. Lenin und Mao beispielsweise betrachteten das Lumpenproletariat strategisch und betonten die Bedeutung dieser Klasse, die nicht vom Kapitalismus absorbiert worden war, erkannten aber auch die Notwendigkeit ihrer revolutionären Führung.
Aus alledem ergibt sich – aufs begriffsgeschichtliche Ganze gesehen – ein drastischer Widerspruch zwischen reaktionärem Opportunismus (Marx) und einer existentiellen Nähe zum radikalen Bruch mit der Gesellschaft (Bakunin, Fanon), dem Christopher Wimmer auf den Grund geht.