Kommentar über die Zunahme rechter Gewalttaten. Erschienen in: nd.Der Tag vom 10.05.2023
Die Zahlen sind alarmierend – im Vergleich zum Vorjahr wurden 15 Prozent mehr rechte Gewalttaten registriert. Man muss es in aller Deutlichkeit sagen: Rassismus, Antisemitismus sowie Queer- und Transfeindlichkeit sind keine Einzelfälle, sondern gehören zum Alltag in der Bundesrepublik. Im Jahr 2022 ereigneten sich allein in 10 von 16 Bundesländern bis zu fünf rechte Angriffe täglich. Dazu gehören Beleidigungen, Mobbing oder Bedrohungen. Menschen mit Migrationsgeschichte sowie Schwarze Deutsche kennen dies zur Genüge. Jedoch blieb es häufig nicht dabei. Immer wieder kam es zu rassistischen Mobilisierungen gegen Geflüchtete – vor allem in Ostdeutschland –, Brandanschlägen auf Unterkünfte, zu einer an vielen Orten unerträglichen Normalisierung von Rassismus, Antisemitismus sowie Queer- und Transfeindlichkeit. Der Alltag vieler Menschen, die nicht als »typisch deutsch« wahrgenommen werden, ist in der Bundesrepublik vielfach belastet – ja sogar gefährdet.
Deutschland versteht sich selbst als liberales Land und wird als wesentlich weltoffener wahrgenommen als noch vor der Jahrtausendwende. Angesichts der steigenden Diversität in den Medien und der Politik könnte man den Eindruck haben, dass Rassismus hierzulande auf dem Rückzug sei. Die Zahlen sprechen jedoch eine andere, deutliche Sprache: Rechte Gewalt ist in Deutschland schlicht Normalität.
Als wäre dies alles nicht schon schlimm genug, fehlt es den Betroffenen vielfach an staatlicher Unterstützung. Sie können sich in vielen Fällen nicht auf den Polizeiapparat oder die Staatsanwaltschaften verlassen. Dort werden rechte Straftaten häufig nicht anerkannt oder verfolgt. Vielmehr ist in der Polizei rechtes Gedankengut weitverbreitet. Sie ist oft mehr Teil des Problems als der Lösung.