Erschienen bei Supernova
Das Internet wird mehr und mehr zu einem hässlichen Ort. Auf der einen Seite werden staatliche Überwachungstechniken verstärkt eingesetzt – und das wird uns dann auch noch als Sicherheit verkauft. Auf der anderen Seite treiben Rechte im Netz ihr Unwesen, schüchtern on- wie offline politische Gegner*innen ein und schüren in Facebook-Gruppen ihren Hass auf alles, was nicht in ihr tumbes Weltbild passt. Das Web verändert sich schnell und damit natürlich auch die Ansprüche politischer Gruppen. Wie kann man sich sicher im Netz bewegen und wie als Aktivist*in die Technik nutzen. Fünf Gadgets für ein besseres Internet.
1. Verschlüsselung oder Katzen-GIFs?
Ob bei der Arbeit, in der Familie oder in der WG, sie gehört fast zum alltäglichen Inventar: Die WhatsApp-Gruppe. Fotos vom letzten Urlaub, der Geburtstagsfeier oder Videos vom schlafenden Opa machen dauernd die Runde und erfreuen Freund*innen oder Familie. Der Haken: Mit jedem Fotos oder jedem Video, das man auf WhatsApp teilt, gibt man automatisch die Rechte daran ab und der Messenger kann mitlesen. WhatsApp gehört übrigens Facebook – just sayin´.
Alternativen zu WhatsApp gibt es zuhauf. Insbesondere Telegram wird häufig als sichere Alternative gehandelt. Dass es dort noch eine unendliche Anzahl an mal mehr mal weniger lustigen (Szene)Stickern und GIFs gibt, mag ebenso zur Beliebtheit beitragen. Doch hat der Messenger einige Lücken in der Sicherheit. So gibt es keine standardmäßige Ende-zu-Ende-Verschlüsselung bei Chats. Ende-zu-Ende-Verschlüsselung heißt, dass Nachrichten direkt vom Absendegerät verschlüsselt werden und zwar so, dass nur das Empfängergerät sie wieder entschlüsseln kann. Gruppenchats lassen sich nie Ende-zu-Ende-verschlüsseln – gerade für politische Gruppen, die über Messenger kommunizieren wollen, ein schweres Manko. Der verschlüsselte Messengerdienst Signal gehört seit der Empfehlung durch Whistleblower Edward Snowden zu den beliebtesten sicheren Messengern. Das Verschlüsselungsprotokoll von Signal gilt als Goldstandard in der Kryptoszene, auch Gruppenchats sind hier verschlüsselt. Sicherheit schlägt Katzen-GIFs – zumindest für Chats mit politischen Inhalten.
2. Sicherheit auch bei elektronischen Briefen
Auch bei Mails gehen wir meist nicht sehr sorgsam mit unseren Daten um. Dabei trifft die Analogie der Mail mit der Postkarte die Sache sehr gut. Man schreibt sie, schickt sie ab und sie kommt an; was dazwischen passiert, ist unklar. Wer mitliest – die Postbotin, der Nachbar, der sie zufällig im Briefkasten hat – kann niemand kontrollieren. Wer also will, dass Mails nicht mitgelesen werden und wirklich nur diejenigen zu sehen bekommen, die es auch wirklich angeht, muss sich etwas überlegen.
Mails lassen sich mit wenig Aufwand verschlüsseln. Per PGP kann man E-Mails zwischen zwei Personen oder auch ganze Gruppen und Verteiler verschlüsseln. Sie sind sowohl auf dem Server des Anbieters, als auch auf der Reise durchs Internet vor fremden Blicken sicher. Die PGP-Verschlüsselung beruht auf einem Public-Key-Verfahren, in dem man ein fest zugeordnetes Schlüsselpaar, bestehend aus einem öffentlichen und einem privaten Schlüssel verwendet. Damit man auf diese Weise gesichert kommunizieren kann, muss auch die*der Kommunikationspartner*in PGP nutzen und seinen öffentlichen Schlüssel mitteilen. Simple as that.
3. Für Fortgeschrittene: Datenschutz selbst gemacht
Mit jedem Klick und jedem Suchauftrag hinterlassen wir Spuren im Internet. Spuren, mit denen Konzerne ordentlich Gewinn machen und Spuren, die auch staatliche Behörden zur Überwachung und Strafverfolgung nutzen können. Viele von uns sind dabei auf kommerzielle Betreiber angewiesen. Ob Firefox oder Chrome – für Sicherheit und Unabhängigkeit sind sie nicht bekannt. Doch auch hier gibt es Alternativen. Man muss sie nur kennen und die häufig verbreitete netzpolitische Sorglosigkeit der Linken („Wird schon nichts passieren“; „Ich hab ja nichts zu verbergen“) aufgeben. Durch eigene, vertrauenswürdige Infrastruktur ein möglichst zensurfreies und sicheres Web zu schaffen, ist bisher allerdings leider nur in Ansätzen verwirklicht. Doch es gibt Plattformen mit langer Geschichte: Bereits 1993 wurde mit Nadir das erste dezidiert linke Portal gegründet. Es versteht sich als Informationssystem zu linker Politik und sozialen Bewegungen im Internet. Ziel war damals, durch das Bereitstellen von Email, Webspace, Mailinglisten und Newsgroups auf Basis einer eigenen Infrastruktur, die Vernetzung voranzutreiben. Auf Nadir folgte 2003 die heute noch aktive Seite systemli.org. Systemli ist ein linkes Netzwerk und Technik-Kollektiv mit dem Anspruch, sichere und vertrauenswürdige Kommunikationsdienste bereitzustellen. Das Projekt richtet sich insbesondere an politische Aktivist*innen und Menschen, die ein besonderes Datenschutzbedürfnis haben.
Als Alternative zu klassischen Internetbrowsern bietet sich der Browser Tor an. Beim Surfen wird der eigene Datenverkehr durch die Tor-Knoten verschlüsselt. Da der Datenverkehr über mehrere Server vom Tor-Projekt läuft, verwischen sich die Spuren, die Nutzer für gewöhnlich beim Surfen mit einem normalen Internet Browser oder beim Austausch von Daten hinterlassen. So wird auch die IP-Adresse der Tor-Nutzer verschleiert, der Rechner-Standort bleibt anonym.
Doch nicht nur auf Softwareebene kann man für Sicherheit sorgen. Es braucht auch den Ausbau freier Informations- und Kommunikationsinfrastrukturen schon auf der Hardwareebene (Leitungen, Netze, Funkstrecken, Server etc.). Diesen Ansatz verfolgen Freifunk und die vielen kleinen Community-Provider wie etwa in-berlin.de. Server und Endgeräte werden auf der Basis von freier Hardware und freier Software betrieben. Die Linke braucht Technik-Nerds, die all das herstellen und programmieren können. Dringend.
4. No pasarán – auch im Netz
Das Web wurde in den letzten Jahren verstärkt zur Spielwiese rechter Menschenfeinde. Politische Gegner*innen werden beschimpft und in den Kommentarspalten tummeln sich Hetzte und Enthemmung. Von demokratischem Meinungsaustausch ist dies alles weit entfernt. Es gilt also den rechten Trollen entgegenzutreten. Dabei geht es nicht nur darum, ihnen den Raum zu nehmen, sondern auch online diejenigen zu unterstützen, die von den rechten Positionen angegriffen werden. Wer von Rechten angegriffen wird und dabei alleine bleibt, fühlt such auch online mies. Sicherlich wird dies den Kampf gegen Rechts im real Life nicht ersetzen, aber jeder Rechte, der es sich zweimal überlegt, was er postet oder es gar komplett sein lässt, ist besser als gar nichts.
5. Einfach mal das Handy zuhause lassen
Klar ist es total praktisch mit dem Smartphone immer den schnellsten Weg von A nach B zu finden, gerade wenn man auf einer Demo in einer fremden Stadt ist. Und ja, ein Foto vom Black Block oder der brennenden Barrikade bekommt bei Instagram sicher einen Haufen Likes. Doch macht es dies den Überwachungsbehörden leicht, euch zu tracken, euer Adressbuch zu durchstöbern und all diese Daten gegen euch zu verwenden Also: Wenn unbedingt nötig, altes Prepaid-Handy mitnehmen und wichtige Nummern auswendig lernen. Aber auf jeden Fall: Wenns knallt, lass das Smartphone zu Hause, Brudi.