Ein FPÖ-Politiker fordert die militärische Intervention in Afrika zur Fluchtabwehr – nun rudert er zurück
Erschienen in Neues Deutschland vom 05.09.2018
Der Schutz der EU-Außengrenzen ist für Rechtspopulist*innen auf dem gesamten Kontinent eine ihrer zentralen Forderungen. Der Wehrsprecher der rechtsradikalen österreichischen Regierungspartei FPÖ, Reinhard Bösch, ging jüngst in einem Interview sogar noch einen Schritt weiter.
Der »Neuen Voralberger Tageszeitung« sagte Bösch, der auch Vorsitzender des Verteidigungsausschusses ist, man müsse auch militärische Besetzungen auf Zeit in afrikanischen Ländern in Betracht ziehen. »Wenn es uns nicht gelingt, Anlandeplattformen in Nordafrika zu errichten, zum Beispiel in Libyen (…), dann ist das auch nach meiner Auffassung mit verschiedensten militärischen und polizeilichen Kräften einfach durchzuführen. Also einen Raum in Besitz zu nehmen vonseiten der Europäischen Union, ihn zu sichern, dort auch Versorgungseinrichtungen für diese Menschen einzurichten und dann diese Menschen zurückzubringen in ihre Heimatländer.«
Er fordert damit die militärische Intervention in afrikanische Staaten, um Geflüchtete gar nicht erst nach Europa einreisen zu lassen. Wenn die afrikanischen Staaten dies ablehnen würden, müsse man »in Nordafrika einen Bereich erzwingen. Dass man dort einen Bereich für die Europäische Union in Besitz nimmt und dort diese Rückführung organisiert.« Auf die Frage, wie das funktionieren soll, sagte Bösch: »Praktisch natürlich mit militärischen Kräften. (…) Eine Besetzung auf Zeit, das wird nur eine Besetzung auf Zeit sein müssen, weil wenn einmal klar ist, dass die Flucht über das Mittelmeer nicht eine Eintrittskarte nach Europa bedeutet, dann wird auch dieser Flüchtlingsstrom abebben.«
Solche Äußerungen gehören zum Repertoire des Politiker. Bösch, der auch Mitglied der deutschnationalen Burschenschaft Teutonia ist, kritisierte Anfang des Jahres Deserteure der nationalsozialistischen Wehrmacht.
Harald Vilimsky
Ähnliche Artikel
Nach landesweiter und internationaler Aufregung erklärte Bösch zunächst auf Facebook, er sei falsch zitiert worden. Er behauptete, es sei »völliger Unfug«, er wolle fremde Länder mit militärischer Gewalt besetzen.
Nun wurde das gesamte Interview veröffentlicht und verdeutlicht eindeutig, was Bösch im Sinn hatte. Trotz der eindeutigen Faktenlage hält seine Partei zu ihm. Heinz-Christian Strache (FPÖ) erklärte am Mittwoch, der Abgeordnete habe seine Aussagen lediglich »ungeschickt formuliert«. Für ihn sei die Sache aber »definitiv erledigt«. Kanzler Sebastian Kurz von der konservativen ÖVP erklärte sich für nicht zuständig. Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger, ebenfalls von der ÖVP, forderte »schleunigst« eine Stellungnahme von Bösch. Für sie habe sich die Lage noch einmal geändert, seit die Zeitung den Mitschnitt des Gesprächs veröffentlichte.
Verstärkter Gegenwind kam von der Opposition. Der Klubobmann der sozialdemokratischen SPÖ, Andreas Schieder, zeigte sich »entsetzt«, dass mit Bösch »ein Mann vom Fach und Vorsitzender des Verteidigungsausschusses von Besetzung spricht und Aussagen tätigt, die neutralitäts- und außenpolitisch untragbar« seien.
Michel Reimon, Mitglied im EU-Parlament für die österreichischen Grünen, erklärte in einer Stellungnahme: »Hier träumt eine Regierungspartei vom militärischen Einmarsch in Nordafrika. Wie Putins Truppen auf der Krim sollen europäische Soldaten ein Gebiet in Nordafrika besetzen und Völkerrecht brechen. Die extreme Rechte ist jetzt rhetorisch nicht mehr bei der Abwehr von Menschen, sondern beim Angriffskrieg.«