Erschienen im APO-Lexikon des Neuen Deutschland vom 13.06.2018
Er kann ganz unterschiedliche Ursachen haben. Sei es das Pfefferspray, das man von der Polizei in die Augen bekommt, wenn man versucht, einen Nazi-Aufmarsch zu verhindern. Sei es das Scheitern einer politischen Kampagne, die nicht von dem Erfolg gekrönt war, den man sich gewünscht hatte. Oder sei es eine Beziehung zwischen Freund_innen oder Genoss_innen, die auseinandergegangen ist. Der Schmerz ist ganz unterschiedlich, mal körperlich, mal psychisch. Schmerz kann überwältigen, aber auch vergessen werden. Es gibt Zeiten, in denen er still erduldet, und andere, in denen er ausführlich zelebriert wird (Schnaps und Kerzen und so). Auch wenn die Faustschläge durch die Polizei oder das lädierte Herz der Trennung ganz individuell schmerzen, ist ein Teil dieser Reaktionen kulturell bedingt und hat einen gesellschaftlichen Charakter: Augenbrennen wegen Pfefferspray der Polizei? Herzschmerz wegen geschlechtlicher Rollenbilder? So einfach ist es natürlich nicht. Aber als Leidende, die ihren Schmerz artikulieren, benennen und begründen können, treten wir in Austausch und verstehen dabei, dass wir nicht alleine sind, sondern andere ganz ähnliche Dingen empfinden. Dabei lernt man aus Fehlern und kleinen Erfolgen – und irgendwann werden die vielleicht größer und die Schmerzen kleiner. chw