In Zivilgesellschaft aufgelöst

Rezension zu: Richard Rohrmoser: Antifa. Portrait einer linksradikalen Bewegung. Erschienen in: Iz3W 390

»Die Antifa« gibt es nicht. So zeigt auch der Zeithistoriker Richard Rohrmoser in seinem Buch Antifa. Portrait einer linksradikalen Bewegung, dass die Antifa aus zahllosen Gruppen besteht, die mit verschiedenen Bündnisparter*innen arbeiten und unterschiedlich an Politik herangehen. Zwar ist Antifaschismus spätestens seit den 1990er-Jahren ein verbindendes Aktionsfeld der radikalen Linken in Deutschland, doch hat die Antifa eine längere Geschichte mit vielen Umbrüchen. So beginnt das Buch mit den Vorläuferorganisationen gegen den entstehenden Faschismus in den 1920er-Jahren und zeigt, wie die Antifaschistische Aktion vor der Reichstagswahl 1932 entstand. Nach einem kurzen Überblick über den Widerstand gegen den Nationalsozialismus geht Rohrmoser auf die 1947 gegründete VVN-BdA und die K-Gruppen ein. Waren diese Organisationen eher hierarchisch strukturiert, entwickelten sich ab den 1980er-Jahren die autonomen Antifa-Gruppen. Auch gegenwärtige Antifa-Bündnisse werden in dem Buch beleuchtet: vor allem das kommunistische Bündnis »…ums Ganze!« sowie die »Interventionistische Linke.« Rohrmoser macht deutlich, wie unterschiedlich antifaschistische Politikformen sein können, die von Recherche- und Bildungsarbeit über Aktionen des zivilen Ungehorsams bis hin zu Sabotageaktionen und zu direkten militanten Konfrontationen mit politischen Gegner*innen reichen können.

Falsch ist daran nichts. Jedoch ist auch wenig Neues dabei, insbesondere wenn man bereits existierende Einführungsliteratur kennt – insbesondere das exzellente Buch von Bernd Langer: »Antifaschistische Aktion: Geschichte einer linksradikalen Bewegung«. Während Langer, der selbst in antifaschistischen Zusammenhängen aktiv war, zahlreiche Quellen aus der Bewegung wie Zeitschriften oder Flugblätter erwähnt, hätte eine solche verstärkte Innenperspektive auch Rohrmosers Buch gutgetan. So bleibt es in erster Linie eine Forschung über einen Gegenstand.

Durchaus sachlich beschäftigt sich Rohrmoser mit dem »Zwiespalt zwischen Legalität und Legitimität« und distanziert sich nicht explizit von militanten Aktionsformen. Jedoch möchte er nicht, dass »einzelne zur Gewalt bereite Gruppen ohne Weiteres das Deutungsmonopol« über die Bewegung haben sollen. Dafür löst Rohrmoser das Label »Antifa« jedoch in eine breite zivilgesellschaftliche Bewegung gegen rechts auf. Es ist nichts gegen vielfältiges Engagement gegen neue oder alte Nazis einzuwenden – doch auch wenn es viel an der antifaschistischen Bewegung zu kritisieren gibt, ihre Militanz ist es nicht.